Der Retro-Podcast. Popkultur und Persönliches von gestern, vorgestern und vorvorgestern.

108: Die letzte Welle

Folge herunterladen (MP3, 184 MB)

Vor 44 Jahren landete in der Lüdenscheider Innenstadt – inmitten all dieses Betons und platschdich auf der Doppelröhre des Querspangen-Tunnels – ein blau-gelbes Riesen-UFO. Doch: Überraschung! Im Bauch dieses Monstrums lockte die Nixen und Wassermänner der Stadt ein veritables Tropenparadies. Das Wellenbad (eigentlich Freizeitbad, nur nannte es so niemand) machte aus dem zuvor schnöde ertüchtigungsbasierten Schwimmsport gleichermaßen erhol- wie unterhaltsames Planschen.

Für die Podcaster der Rückspultaste war das Wellenbad die Badeanstalt ihrer Kindheit und Jugend schlechthin. Stimulierende Warmwasser- und Massagebecken flankierten das pièce de résistance: Das Schwimm- und Wellenbecken mit seiner 16 Meter langen Dünung, die vom Bademeister alle halbe Stunde eingeschaltet wurde.

Doch die Flut inmitten der City gab es nur ein Vierteljahrhundert lang, genauer gesagt vom 25. März 1981 bis zum 30. Juni 2006. Heute ist die riesige Halle des ehemaligen Badetempels ein Lost Place und für die Öffentlichkeit unzugänglich. Es sei denn, das alte Spaßbad verwandelt sich kurzzeitig in eine Kathedrale für Lichtkunst. Kommt im März 2025 alle zu den Lichtrouten und schwimmt mit uns – auf der letzten Welle.

Zurück

107: Unser 1994, Teil X – 1. bis 15. Mai

  1. Christian

    Schwimmbäder, gar Wellenbäder in der Innenstadt? Kann ich mit dienen. Das Düsseldorfer Wellenbad in der Grünstrasse, very mondän zwischen Berline Allee und Königsallee gelegen, war bis 1995 mitten in der Stadt in Betrieb.

    Meine Erinnerungen (Jahrgang 83) sind hauptsächlich sehr viele weiße Fliesen in langen Gängen, Kabinen mit integriertem Schrank für die Klamotten (hab ich so nie wieder gesehen) und die Dusche „für Knaben“.

    1966 hat das Zentralbad Düsseldorf aufgemacht, ich war oft mit meinem Vater und mit meinem Bruder dort. Es gab auch Sauna und Solarium, war mir natürlich alles Wurst. Die Wellen, so 5 Minuten am Stück, waren ziemlich groß und kräftig, also zumindest für mich, wobei ich mit 10 schon fast 170 groß war.

    War ein wirklich schönes Schwimmbad, hell, groß und wahnsinnig exklusiv gelegen. Heute steht ein Einkaufszentrum namens „Stilwerk“ an dieser Stelle, wahnsinnig unnötig wie die meisten Gebäude im Umkreis, total beliebig und für Kinder und Jugendliche nachvollziehbar uninteressant.

    Das Schwimmbad selbst wurde durch einen Neubau im Stadtteil Flingern ersetzt, das Freizeitbad Düsselstrand. Lag außerhalb, zumindest nach dem Standards des alten Wellenbads, und hatte für mich weder die Seele noch die Aufregung, die ich im alten Wellenbad gespürt hab, zu bieten.

    Um ein ganz kleines bisschen politisch zu werden: es ist irgendwie ein Zeichen, dass unsere so genannte nivellierte Wohlstandsgesellschaft in den 1960ern noch wirklich lebendig war und in den 1990ern stück für Stück und mehr oder weniger unsichtbar zurückgebaut wurde. Wie in Lüdenscheid, dass in dieser Zeit ebenfalls seinen Niedergang erlebte, ist heute im Düsseldorfer Innenstadtbereich kaum noch etwas für Kinder und Jugendliche aus kleinen Verhältnissen zu finden. Kultur ja, aber sehr teuer und Elitärer. Sport auch, aber auch den muss man sich leisten können. Einen wirklichen Nachfolger hat das Wellenbad für die Kinder, die damals noch in der Innenstadt lebten, nie gefunden . 1995 ist für mich damit auch ein Stück alte Bundesrepublik zu Ende gegangen, in der wir uns alle etwas gleicher fühlen konnten – in der Badehose sah man sich damals ziemlich ähnlich, egal, ob arm oder reich.

    Wieder einmal eine sehr schöne Folge, die warme Erinnerung bei mir weckt – natürlich nicht ans Lüdenscheider Wellenbad, da war ich nie, aber an mein eigenes, also privaten Wellenbereich an der Düsseldorfer Grünstraße. Ich freu mich jeden Monat auf euren Podcast, macht genauso weiter und ich habe langsam das Gefühl Lüdenscheid deutlich besser zu gehen als die Stadt, in der ich seit sechs Jahren lebe – auch wenn ich niemals, außer zu tanken, in Lüdenscheid war.

    Alles Liebe, Christian

    Link zu einem Artikel aus der Rheinischen Post zum 50 jährigen Bestehen, jedenfalls theoretisch:

    https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/neue-deutsche-welle_aid-21438483

  2. Ingo

    Oje, Schwimmen, schwieriges Thema für mich. Ich gehöre zu diesen wasserscheuen Menschen, die nie schwimmen gelernt haben. Nicht in der Grundschule, auch nicht später. Mein Gegner war und ist die Angst, wenn die Füße den Kontakt zum Boden verlieren bzw. verlieren müssen (Auftrieb halt). Todesangst! Panik, die Kontrolle nicht mehr zu haben. Meine Frau hat sich auch an mir die Zähne ausgebissen.
    Vor 2 Jahren habe ich mit meinen damals 46 Jahren noch einen Schwimmkurs besucht. Ich hoffte, auf Menschen wie mich zu treffen, mit den gleichen Ängsten. Es handelte sich aber ausnahmslos um junge und sportliche bis durchtrainierte Studierende aus Afrika, arabischen Ländern und Indien, die in ihren Heimatländern keine Gelegenheiten hatten, schwimmen zu lernen. Ich, das übergewichtige Weißbrot und diese Model-Truppe… Die (sehr netten) Jungs und Mädels sprangen dreimal ins Wasser und konnten schwimmen, während ich überwiegend auf dem Boden lief. Sofort wurde ich von den Schwimmlehrern als Schwimm-Verweigerer markiert (so wie von Donald Sutherland am Ende von Invasion of the body snatchers). In der Folge fiel ich in bestenfalls jugendliche Vermeidungsmuster zurück und fand vor mir selbst immer wieder Ausreden, um das Schwimmen ausfallen zu lassen (müde, viel zu tun, Schnee auf der Straße).
    Ich werde wohl nie Schwimmen lernen. Das ist reine Kopfsache, da komme ich nicht drüber. Ist wohl auch ein Teil meines Problems, dass ich schon lange nicht mehr daran glaube. So steh, sitz oder lieg ich halt weiter am Rand, wenn meine Frau (eine Wasserratte) im Becken oder im Meer tobt. Nicht schön, aber ganz ehrlich: Es gibt Schlimmeres.

  3. Hui

    Schöne Sendung! Durch die atmosphärischen Trenner hat die Folge etwas Traum-artiges. Das Schwimmbäder in Städten etwas besonderes sind, war mir als Berliner noch nicht klar bisher. Ich war als Kind oft in einem Wellenbad mitten in Kreuzberg. Ich bin nicht sicher ob ich Sebastians Schwimmbad-Geheimnis unbedingt wissen musste, aber im Sinne der Kunst schätze ich seine Offenheit. :-}

  4. Axel S.

    Sehr interessanter Rückblick! Ich war auf der Grundschule Brügge, und auch ich finde das Gelände verhältnismäßig groß. Die Schwimmhalle ist ein wenig abseits an der Parkstraße, an der Bushaltestelle. Zum Schulhof und dem Schulgebäude musste man außen rum, an der Kirche vorbei und dann diese Treppen hoch. Ich habe übrigens auch im Schwimmbad der Sportklinik Hellersen schwimmen gelernt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén

Consent Management Platform von Real Cookie Banner